Bei vielen dramatischen Ereignissen – Bränden, Unfällen, Terroranschlägen, kriegerischen Auseinandersetzungen usw. – werden stets Frauen und Kinder als besonders schlimm Betroffene hervorgehoben. Dahinter steht die Idee, dass es sich bei diesen Menschen um besonders schützenswerte Personengruppen handelt. Man sollte meinen, dass die Politik einer ähnlichen Maxime folgen sollte.

Offensichtlich gilt das jedoch nicht z. B. für die Politik der oberösterreichischen Landesregierung. Durch die Kostenpflicht der Eltern für die Nachmittagsbetreuung von Kindern sind genau diese beiden Gruppen massiv nachteilig betroffen!

Den Frauen wird durch diese Maßnahme die – auch von konservativen Kreisen so oft zitierte – Wahlmöglichkeit zwischen Hausarbeit und Kinderbetreuung einerseits und außerhäuslicher beruflicher Arbeit andererseits zweifellos erschwert. Das gilt in ganz besonderem Maße für Frauen mit geringem Einkommen: Für sie stellt die neue Kostenpflicht eine nicht unwesentliche Belastung dar. Kinder werden daher von der Nachmittagsbetreuung abgemeldet, oder erst gar nicht angemeldet, mit den entsprechenden Folgen für die Berufstätigkeit der Mütter.

Hinzu kommt der negative Beschäftigungseffekt für Kindergartenpädagoginnen, der ja auch überwiegend Frauen trifft.

Diese Einschränkung wirkt nicht nur kurzfristig, sondern hat auch langfristige Konsequenzen bis hin zur Höhe der Pension der Frauen! Betroffen ist aber auch die Generation der Großeltern (hier wieder vor allem die Großmütter), die bei ihrer Berufsentscheidung nun ebenfalls eine notwendige Nachmittagsbetreuung der Enkel berücksichtigen müssen.

Vielen Kindern geht durch die Kostenpflicht eine pädagogisch wertvolle Nachmittagsbetreuung verloren. Denn schon lange ist diese Betreuung nicht mehr eine  ‚Aufbewahrungseinrichtung‘ für Kinder, sie leistet viel mehr wertvolle Beiträge zur kognitiven und sozialen Entwicklung der Heranwachsenden.

Diese Beiträge sind wiederum gerade für Kinder aus sozial benachteiligten Gruppen von ganz besonderer Bedeutung. Auch hier sind Versäumnisse von langfristiger Wirkung für die Jugendlichen hinsichtlich zukünftiger Erfolge oder Misserfolge in Bildung, Ausbildung und Beruf.

Frauen und Kinder als besonders schützenswerte Menschen? Offensichtlich gilt dies nicht für die Politik in Oberösterreich!

Reiner Buchegger

Die unter KRITIKUSS veröffentlichten Beiträge stellen die persönliche Meinung der Autorin / des Autors dar und entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Herausgebers des Newsletters.